In der Reihe „Marketing Stories“ erzählen Soloselbstständige ehrlich und ungeschminkt über ihr Selbstmarketing, ihre Erfahrungen und Erfolgserlebnisse, aber auch über ihre Zweifel und Unsicherheiten. Sie geben Einblicke, was bei ihnen gut funktioniert und warum und was es für sie bedeutet, sich mit dem eigenen Business sichtbar zu machen.
1. Was machst Du genau und seit wann bist Du selbstständig?
Ich arbeite als Trainerin und Coach für digitale Wissenschaftskommunikation. Das heißt, ich zeige Wissenschaftler:innen, wie sie über ihre Forschung online kommunizieren und digital sichtbar werden können. Dabei geht es um Fragen wie: Was kann ich generell tun? Welche Kanäle gibt es? Welche Content-Formate kann ich nutzen? Ich biete auch Workshops und Coachings an, speziell zu den Themen Twitter, Blog und Website.
Das mache ich seit circa 3 Jahren, selbstständig bin ich aber schon seit August 2016. Angefangen habe ich damit, Konzepte für Hochschulen zu entwickeln, die ihre Studiengänge noch besser vermarkten wollten, also klassisches Hochschulmarketing.
2. Wie sah Dein Marketing anfangs aus?
Mir war klar, wenn ich damit Geld verdienen will, muss ich im Internet auffindbar sein. In Sachen Social Media war ich selbst noch ein Neuling. Bis auf einen ungenutzten Twitter-Account gab es nicht viel. Deshalb dachte ich, ich fange mit meiner Website an. Rückblickend war das auch gut so, weil ich mir dadurch gut überlegen musste, was ich eigentlich anbiete und wie ich das präsentiere. Die ersten Aufträge kamen tatsächlich auch über die Website. Meine Website von damals hat aber nichts mehr mit der von heute zu tun. Inhalte, Design, Fotos, Ansprache der Zielgruppe – alles hat sich geändert. Irgendwann habe ich auch den Twitter-Account reaktiviert, war bei meinen ersten Tweets aber noch sehr vorsichtig und habe eher die Beiträge anderer geteilt.
Anfangs war ich viel mehr offline unterwegs, vor allem auf Veranstaltungen, die etwas mit Wissenschaftsmarketing oder Hochschulkommunikation zu tun hatten. Barcamps, Konferenzen, Foren … ich habe alles mitgenommen. Bei manchen Events kam ich mir aber eher fehl am Platz vor. Es gab zwar viele Hochschulmitarbeiter:innen, aber niemanden wie mich, die als Soloselbstständige versucht, in dieser Welt Fuß zu fassen. Ich fühlte mich oft etwas exotisch und auch nicht besonders wohl, weil ich eher der introvertierte Typ bin. Aber die Zeit war trotzdem wichtig, weil ich mich weiterbilden und Kontakte knüpfen konnte.
3. Was funktioniert heute für Dich am besten und warum?
Offline mache ich heute gar nichts mehr, vor allem auch wegen der aktuellen Situation. Wenn größere Veranstaltungen wieder möglich sind, bin ich selbst gespannt, wie und ob ich das nutzen werde. Mein Schwerpunkt liegt heute ganz klar auf Social Media. Twitter ist für mich der wichtigste Kanal, weil da die Wissenschaftscommunity unterwegs ist. Instagram mache ich eher nebenbei, weil mir die Zeit dafür fehlt. Aber auch dort wächst die Wissenschaftscommunity und obwohl ich nur wenig aktiv bin und vor allem auf meine Blogartikel verweise, bekomme ich auf Instagram auch immer mehr Follower:innen.
Mein persönlicher Eindruck ist: Auf Instagram folgen dir die Leute schneller, bei Twitter muss man sich die Aufmerksamkeit noch härter verdienen. Außerdem blogge ich seit Anfang des Jahres regelmäßig alle 2 Wochen. Seitdem ich diesen festen Rhythmus habe, sind die Zugriffszahlen auf meine Website hoch gegangen. Und ich sehe auch einen Effekt auf Social Media. Die geteilten Blogbeiträge werden mehr gelikt, und ich werde noch mehr als Expertin in meinem Bereich wahrgenommen.
4. Dein bisher schönstes Erfolgserlebnis im Marketing?
Seit April habe ich auf Twitter 1.000 Follower:innen und freue mich sehr darüber! Das habe ich mir über 3 Jahre hinweg aufgebaut. Künftig möchte ich Twitter noch strategischer angehen. Auch mein Newsletter wird immer besser angenommen. Aktuell habe ich mehr als 200 Abonnent:innen. Auch wenn diese Zahl vergleichsweise klein ist, bin ich trotzdem stolz darauf. Ich versuche aber, mich von der Magie der Zahlen nicht zu sehr beeindrucken zu lassen.
Hauptcontent für Newsletter und Social Media ist immer der neue Blogartikel. Je nachdem wie gut das Thema ankommt, wird es dann auch geteilt. In einem Blogartikel habe ich mal darüber geschrieben, warum Twitter für Forschende sinnvoll ist und
2 aktuelle Studien vorgestellt. Die Haupterkenntnis: Ab 1.000 Follower:innen erreichen Wissenschaftler:innen auch Menschen außerhalb ihrer Bubble, also auch Medien und Politik. Außerdem lässt sich über Twitter nachweislich die Zitationsrate der eigenen Veröffentlichungen beeinflussen. Mein Tweet dazu wurde fast vierhundertmal gelikt und über hundertmal retweetet. Solche Zahlen erreiche ich sonst nicht.
5. Zeigst Du Dich heute anders als früher?
Auf jeden Fall bin ich selbstbewusster geworden. Je länger ich dabei bin, desto sicherer werde ich mit dem, was ich kommuniziere. Vorher war das eher ein Herantasten, wie bei den Netzwerkveranstaltungen auch. Bei Twitter habe ich anfangs ausschließlich Artikel von anderen retweetet. Mit eigenen Tipps und Empfehlungen war ich sehr zurückhaltend. Heute habe ich damit kein Problem mehr. In meinen Blogartikeln schreibe ich viel persönlicher und bin auch mal salopp. Ich scheue mich nicht mehr, meine Leser mit „du“ anzusprechen und weiß auch viel besser, welches Vorwissen sie mitbringen und wie ich sie abholen kann.
Mittlerweile traue ich mich, auf Instagram Selfies zu posten. Ich hatte zwar von Anfang an Fotos von mir auf meiner Website, aber viel weniger als heute. Die Menschen wollen gern wissen, wie man ist und freuen sich, wenn man seine Erfolge mit ihnen teilt und ein Foto dazu postet. Von meinen Online-Workshops zeige ich hin und wieder auch mal ein Foto, weil es einen guten Einblick in meine Arbeit gibt. So etwas hätte ich früher nicht gemacht.
6. Hat sich die Beziehung zu Deinen Kund:innen verändert?
Ja, definitiv! Ich fühle mich viel mehr aufgenommen und anerkannt in der Community der Wissenschaftskommunikation. Da gibt es Menschen, die liken immer wieder meine Tweets oder antworten mir, wenn ich eine Frage stelle. Manche haben auch schon mehrmals an meinen Workshops teilgenommen oder mich weiterempfohlen. Ich werde als kompetent wahrgenommen. Das gibt mir sehr viel Selbstvertrauen und macht auch den Umgang miteinander lockerer. Ich darf auch mal flapsig sein oder Scherze machen.
Da musste ich aber erst reinwachsen. Wenn du keine Community hast, antwortet dir auf deine Posts ja in den ersten Wochen oder Monaten auch niemand. Und wenn man dann auch noch zu locker ist, denken die anderen vielleicht: Wer ist die denn? Man muss sich erst mal beweisen, damit die Menschen ein Gefühl für dich bekommen. Was macht die, wie ist die drauf? Ich war auch schon in einigen Podcasts zu Gast und zeige mich dadurch noch ein Stück mehr, zumindest meine Stimme und wie ich erzähle oder Fragen beantworte.
7. Hand aufs Herz, wo stehst Du Dir selbst noch im Weg?
Bei Videos und Webinaren. Das kann die ganze Welt sehen. Es fühlt sich geschützter an, wenn ich weiß, ich gebe 12 Menschen Zugang zu meinem Online-Workshop via Zoom, als eine Live-Übertragung zu machen. Ein gutes Videotraining wäre vielleicht, Fleets auf Twitter zu machen, aber die sind noch nicht so etabliert wie die Stories auf Instagram. Ich fühle mich sicher mit Buchstaben, Texten und Medien, bei denen ich länger überlegen kann. Alles, was unmittelbarer funktioniert, sehe ich noch als Herausforderung.
Arbeit abzugeben, fällt mir auch schwer. Für mich war es schon ein Riesending, eine Steuerberaterin zu engagieren, was für andere selbstverständlich ist. Auch für meine Website mache ich aktuell noch alles allein. Da brauche ich mittelfristig jemanden, dem ich das anvertrauen kann, der technische Probleme löst und Inhalte pflegt. Ich bekomme jedes Mal ein graues Haar, wenn irgendetwas nicht funktioniert.
8. Wo soll's künftig hingehen?
Ich möchte einen Online-Kurs zum Thema Twitter anbieten und zwar als eine Kombination aus Video-Inhalten, Checklisten und Workbooks. Im Kurs sollen Wissenschaftler:innen lernen, wie sie Twitter für sich nutzen können. Ich gebe ja auch schon Workshops zu Twitter. Danach sind die Teilnehmer:innen in der Lage, ihr Profil zu erstellen und die ersten Tweets rauszusenden. Aber um zum Twitter-Profi zu werden, reicht das noch nicht aus. Twittern ist ein Prozess, bei dem du deine eigenen Erfahrungen sammeln musst.
In einem Online-Kurs kann ich einfach mehr Inhalte unterbringen und auch viel mehr Menschen helfen. Für mich wäre das eine tolle Arbeitserleichterung, weil vieles im Selbstlernmodus läuft und ich nur noch punktuell zur Verfügung stehen muss. Das ist etwas anderes als allein einen Tagesworkshop anzuleiten. Irgendwann entwickle ich dann vielleicht einen kompletten Online-Kurs zum Thema „Online-Sichtbarkeit für Wissenschaftler“.
9. Dein Marketing-Tipp für andere Soloselbstständige?
Auf Suchmaschinenoptimierung setzen! Meine ersten Aufträge sind zustande gekommen, weil mich die Leute über Google gefunden haben. Sich mit den Grundlagen von SEO zu beschäftigen und die Website auf bestimmte Keywords zu optimieren, macht immer Sinn, auch wenn man schon bekannter ist und eine eigene Community hat. Viele unterschätzen, was für einen großen Effekt das haben kann. Wenn ich mir bei Google Analytics meine Zahlen anschaue, dann sehe ich: 75 Prozent der Zugriffe auf meine Website kommen über die Suchmaschinen. Wichtig finde ich auch, an der eigene Positionierung dranzubleiben und sich immer weiter zu spezialisieren.
Danke für das Interview, liebe Susanne!
Wenn Du mehr über Susannes Arbeit erfahren möchtest, dann schau auf ihrer Website vorbei: www.susannegeu.de